Im Zeichen der Flut
Eigentlich war die Sondersitzung des Stadtrates lediglich für die nichtöffentliche Beschlussfassung über die weitere Vorgehensweise im StEG-Prozeß angesetzt worden. Desweitern sollte auch noch der vergessene Beschluss zu der Vorlage über den Bebauungsplan Nettetal nachgeholt werden. Hier geht es um die Errichtung einer Tennishalle, die ebenfalls einen Soccercage und eine Gastronomie beherbergen soll. Der Stadtrat konnte mit seinem einstimmigen Beschluss an dieser Stelle den Weg für die weiteren Verfahrensschritte im Bebauungsplanverfahren frei machen. Wir sind positiv gespannt, was da wann umgesetzt werden wird.
Allerdings überschattete das allgegenwärtige Hochwasser vom Vortag mit seiner schier unermesslichen Zerstörungswut die angesetzte Sitzung und bestimmte die Tagesordnung. Sicherlich hat sich der eine oder andere gefragt, ob denn die Stadträte an solch einem Tag nichts Besseres zu tun hatten, als eine Sitzung abzuhalten. Dem Gedanken kann man durchaus folgen, hätte es sich bei der oben erwähnten Beschlussfassung in Sachen StEG nicht um eine gerichtliche Terminsache gehandelt, die nicht aufgeschoben werden konnte. So fehlten auch einige Mitglieder des Rates, die entweder selber betroffen oder auch im Einsatz waren. Und es hat auch einige Räte nicht davon abgehalten, nach der Sitzung wieder in ihre Gummistiefel zu steigen und mit anzupacken.
Die von Oberbürgermeister Dirk Meid sodann beschriebenen Schäden an öffentlichen Gebäuden und öffentlicher Infrastruktur sind immens. So hat es insbesondere die Clemensschule und zwei Brücken im Oberlauf der Nette stark getroffen. Da die Stadt allerdings gut versichert ist, wiegt der finanzielle Schaden in der Relation vergleichswese nicht so schwer. Dies sieht bei vielen privaten Liegenschaften Entlang der Nette, in der Ufer‑, der Bürresheimer‑, der Maifeld- und der Gerberstraße, sowie im Triaccaweg, dem Wasserpförtchen , Auf dem Werth, Im Bannen und Im Trinnel sicher ganz anders aus. Hier hat die Flut ganz viele Wohnungen und Häuser temporär unbewohnbar gemacht und das Hab und Gut vieler in kürzester Zeit vernichtet. Bei vielen Gebäuden ist etwa der Abschluss einer zur Abdeckung der Hochwasserschäden notwendige Elementarversicherung gar nicht erst möglich gewesen. In Mayen stehen somit viele Mitbürgerinnen und Mitbürger nun vor dem Nichts und wir können nur hoffen, dass die Kommune, das Land und der Bund diesen Geschädigten gemeinsam tatkräftig unter die Arme greifen werden. Aber auch wir alle können etwas tun. Viele haben bereits beim Aufräumen mit angepackt und tun es immer noch, andere haben Sach- oder Geldspenden geleistet oder haben Freunde und Verwandte bei sich aufgenommen. Dafür sagen wir von ganzem Herzen: Danke! Machen wir weiter so. Die gelebte Solidarität war und ist überwältigend. Genauso überwältigend war aber auch die Arbeit der Rettungskräfte der Feuerwehren, des THW, des Roten Kreuzes, der Malteser und anderer Hilfseinrichtungen. Hier sind viele Kameraden, größtenteils ehrenamtlich tätig, über sich hinaus gewachsen und habe Großes geleistet und damit noch Schlimmeres verhindert. Sicher waren sie gegen die Jahrhundertflut zunächst machtlos — sie konnten aber durch ihre kluge und vorausschauende Arbeit noch Schlimmeres verhindern. Und auch der Krisenstab der Stadtverwaltung hat tolle Arbeit geleistet. Sehr früh wurde vorgewarnt und Sandsäcke zur Verfügung gestellt. Sicher hat manch einer am Mittwochnachmittag noch gedacht, dass hier doch maßlos übertrieben wurde. Die wurden aber am Abend dann leider eines Besseren belehrt. Zukünftig müssen wir viel mehr für den Hochwasserschutz an der Nette tun. Hier bedarf es großer Retentionsflächen die gemeinsam mit den umliegenden Verbandsgemeinden erschlossen werden müssen. Erste Ansätze durch den Ankauf geeigneter Liegenschaften sind bereits getan. Wir bleiben dran.
Wir können uns in Mayen sehr glücklich schätzen, dass in der Katastrophe kein Mensch sein Leben lassen musste. Das war gute Vorbereitung aber auch Glück. Leider hatten in unserem Nachbarkreis Ahrweiler, gerade einmal 30 Kilometer nördlich von Mayen, viele nicht dieses Glück. Über einhundert Menschen verloren entlang der Ahr auf tragische Weis ihr Leben und hunderte werden noch vermisst. Und hier, wie auch in Teilen Nordrhein-Westfalens, hat die Zerstörung durch die Fluten ein bisher ungeahntes Ausmaß angenommen. Neben der unermesslichen Trauer um so viele Mitmenschen, die überwiegend qualvoll ertrunken sind, sind die materiellen Schäden an privaten und öffentlichen Gebäuden, an Straßen, der Strom‑, Gas- und Wasserversorgung unvorstellbar und noch überhaupt nicht abzuschätzen. Sie werden aber ganz bestimmt in die Milliarden gehen und stellen uns vor eine nationale Aufgabe. Angela Merkel sagte bei ihrem Besuch in Schuld, dass die deutsche Sprache kein Wort kenne, das diese pure Zerstörung beschreiben könne – dem ist nichts hinzuzufügen.
Ich bin mir sicher, dass es in Mayen in absehbarer Zeit wieder so sein wird, wie es vor der Flut einmal war. Auch wenn das für einzelne ein schwerer Weg sein wird, bei dem die Solidargemeinschaft helfen muss und wird. In unserem Nachbarkreis Ahrweiler fehlt mir an vielen Orten allerdings die Hoffnung, dass hier alles wieder so wird wie früher. Resignation darf unser Handeln aber nicht leiten. Ich hoffe sehr, dass die unglaubliche Hilfsbereitschaft aus der gesamten Republik noch lange währt und wir ganz vielen Betroffenen, ob in Mayen oder anderswo, ehrliche Hoffnung spenden können. Wir alle können durch unser Handeln hier mithelfen. Sei es nun Geld, Zeit, Wohnraum oder einfach nur menschliche Wärme die wir für die betroffenen Mitmenschen übrig haben. Seien wir in jeder Hinsicht spendabel.